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Hochverarbeitete Lebensmittel – Wie ungesund sind sie wirklich?

Allgemeine Ernährungstipps
Kim Winkler

Hochverarbeitete Lebensmittel, im Englischen als Ultra-Processed Foods (UPF) bezeichnet, stehen seit einigen Jahren stark in der Kritik. Immer wieder werden sie als Mitverursacher von Übergewicht, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen chronischen Leiden genannt. Doch wie schädlich sind sie tatsächlich?

Bevor wir die gesundheitlichen Auswirkungen betrachten, lohnt sich ein Blick auf die Grundlagen: Welche Lebensmittel gelten überhaupt als hochverarbeitet?

Eine einheitliche Definition gibt es bislang nicht. Am häufigsten wird die sogenannte NOVA-Klassifikation genutzt, die Lebensmittel nach ihrem Verarbeitungsgrad einteilt:

Nova Klassifikationen. Quelle: https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-news/08-04-2020-4-stufen-system-fuer-lebensmittel-nach-dem-verarbeitungsgrad/
Nova Klassifikation. Quelle: Eigene Darstellung

In die NOVA-Klasse 1 gehören unverarbeitete oder nur minimal verarbeitete Produkte wie Obst, Gemüse, Milch, Tee oder Frischfleisch. In der NOVA-Klasse 2 finden sich verarbeitete Zutaten, etwa Zucker, Öle oder Nudeln, die häufig als Grundlage für die Zubereitung anderer Speisen dienen. Die dritte Klasse umfasst verarbeitete Lebensmittel wie Käse, Brot oder Konserven, die aus einer Kombination von Grundzutaten hergestellt werden. Schließlich gehören zur vierten Klasse hochverarbeitete Lebensmittel, darunter Softdrinks, Fertiggerichte, Wurstwaren, Chips oder auch Säuglingsnahrung, die in der Regelzahlreiche Verarbeitungsschritte und Zusatzstoffe enthalten.

Was sagt die Studienlage?

Mehrere Studien zeigen: Ein hoher Konsum von Lebensmitteln der NOVA-Klasse 4 geht mit einer erhöhten Sterblichkeit sowie einem höheren Risiko für Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen einher. Besonders negativ fallen hier zuckerhaltige Getränke, Süßwaren und stark verarbeitete Fleischprodukte auf. Doch hier zeigt sich die methodische Schwäche der NOVA-Klassifikation: Nicht alle hochverarbeiteten Lebensmittel sind automatisch ungesund.

Das folgende Beispiel zeigt die methodische Schwachstelle der Klassifizierung der Lebensmittel nach ihrem Verarbeitungsgrad:

Es macht deutlich: Manche Produkte der Klasse 4 können ein günstiges Nährwertprofil haben, während weniger verarbeitete Lebensmittel durchaus ungünstig sein können. Entscheidend ist also weniger die Verarbeitungstiefe, sondern die ernährungsphysiologische Qualität.

 

Wann sind hochverarbeitete Lebensmittel sinnvoll?

Produkte mit viel Zucker, gesättigten Fettsäuren und Salz sind kritisch zu sehen. Gleichzeitig gibt es zahlreiche hochverarbeitete Lebensmittel, die uns gesundheitlich und praktisch Vorteile bringen:

  • Gute Nährstoffversorgung: Tiefkühlgemüse, angereicherte Milchalternativen oder Tofu liefern Ballaststoffe, Vitamine und gesunde Fette.
  • Zeit- und Kostenersparnis: Fertige, aber nährstoffreiche Gerichte können eine gesunde Ernährung im Alltag erleichtern.
  • Individuelle Ernährung: Laktosefreie Milch, glutenfreie Produkte oder mit Calcium angereicherte Pflanzendrinks unterstützen spezielle Ernährungsbedürfnisse und können Mangelernährung vorbeugen.

 

Fazit

Die pauschale Verteufelung hochverarbeiteter Lebensmittel greift zu kurz. Viele Produkte dieser Kategorie sind ernährungsphysiologisch problematisch, vor allem stark gezuckerte Getränke, Süßigkeiten und Fleischwaren. Gleichzeitig können hochverarbeitete Lebensmittel aber auch eine wertvolle Rolle in einer ausgewogenen Ernährung spielen. Nicht der Verarbeitungsgrad allein entscheidet, sondern das Nährwertprofil. Ein Blick auf die Zutatenliste liefert dabei die verlässlichste Orientierung.

Quellen:

Smollich M, Wefers D. Hochverarbeitete Lebensmittel und Gesundheit:. Aktuel Ernahrungsmed 2024; 49: 397–417. DOI 10.1055/a-2302-9323.

Weaver CM, Dwyer J, Fulgoni VL et al. Processed foods: contributions to nutrition. Am J Clin Nutr 2014; 99: 1525–1542. DOI: 10.3945/ajcn.114.089284.

Hall KD, Ayuketah A, Brychta R et al. Ultra-Processed Diets Cause Excess Calorie Intake and Weight Gain: An Inpatient Randomized Controlled Trial of Ad Libitum Food Intake. Cell Metabolism 2019; 30: 67–77.e3. DOI: 10.1016/j.cmet.2019.05.008.

Messina M, Sievenpiper JL, Williamson P et al. Perspective: Soy-based Meat and Dairy Alternatives, Despite Classification as Ultra-processed Foods, Deliver High-

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Monteiro CA, Cannon G, Moubarac JC, Levy RB, Louzada MLC, Jaime PC. The UN Decade of Nutrition, the NOVA food classification and the trouble with ultra-processing. Public Health Nutr. 2018 Jan;21(1):5-17. doi: 10.1017/S1368980017000234. Epub 2017 Mar 21. PMID: 28322183; PMCID: PMC10261019.

https://de.wikipedia.org/wiki/NOVA_(Lebensmittelklassifikation)#:~:text=NOVA%20ist%20ein%20System%20der,einher%2C%20insbesondere%20Adipositas%20und%20Diabetes. (letzter Zugriff: 6.9.25).

https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-news/08-04-2020-4-stufen-system-fuer-lebensmittel-nach-dem-verarbeitungsgrad/ (letzter Zugriff: 6.9.25).